VÖSI war dabei: Kritische Betrachtungen zum Bürgerinnendialog zu Automatisierter Mobilität von Rüdiger Maier (1)

19. April 2019 Europapolitik

Gesellschaftliche Aushandlung statt Technokratie

Am Samstag, 6. April 2019, beteiligten sich fast 170 Personen in Österreich an einem Bürgerinnen-Dialog zu Automatisierter Mobilität. Auffallend war dabei, dass gerade zu solchen Themen der Digitalisierung ein deutliches Informationsdefizit besteht. Dies eröffnet also ein breites Tätigkeitsfeld für den VÖSI und ähnliche Institutionen.

Bericht von Rüdiger Maier, VÖSI, Leiter Themennetzwerk „Gesellschaftliche Aspekte der Digitalisierung“

Gleich vorneweg: Ich bin ein Verfechter der Partizipation, also der Einbindung von Bürgern bei politischen Entscheidungsprozessen. Daher habe ich mich auch in meiner zweiten Diplomarbeit aus Kommunikations-Perspektive mit diesem Thema befasst: https://www.partizipation.at/maier-ruediger.html Als Vorbild derartiger Bevölkerungs-Beteiligung gilt oft die Schweiz (lokale und landesweite Initiativen, die immer von der Bevölkerung ausgehen), in Österreich ist die Beteiligungskultur dagegen noch sehr ausbaubar. Ganz zentral bei der Partizipation sind jedenfalls die Transparenz des Verfahrens und die Wahl des richtigen Beteiligungsformats.

Wurden früher viele Entscheidungen im öffentlichen Bereich rein nach technischen Kriterien und ohne Einbeziehung der Öffentlichkeit gefällt, so gehört es heute zum guten Ton, die Öffentlichkeit in die Debatte einzubeziehen. Dazu wurden inzwischen unzählige Formate der Partizipation entwickelt und ausprobiert, mit sehr unterschiedlichem Erfolg. Oft steht etwas der Vorwurf im Raum, dass solche Beteiligungsformen vor allem dazu dienen sollen, Akzeptanz für eine bestimmte Lösung zu schaffen. Daher ist die Diskussion zu einer alle Seiten zufriedenstellenden Partizipation wohl nie ganz abgeschlossen, sondern befindet sich immer im Aushandlungsraum der verschiedenen Interessen. Während die beteiligten Bürgerinnen natürlich sehr genau wissen wollen, wozu ihre Meinung benutzt wird und wie die Ergebnisse verwendet werden, sind die Auftraggeber nur in sehr unterschiedlichem Ausmaß dazu bereit, Transparenz zu gewähren.

Das Thema: Automatisierte Mobilität

Die französische Agentur Missions Publiques veranstaltet 2019 einen globalen Bürgerinnen-Dialog zu Automatisierter Mobilität in Europa, Singapur, USA und Kanada. Nach einigem Nachfragen erfuhr ich auch, dass dieser Dialog zum Großteil von den beteiligten Städten und Regionen finanziert wird. Die Nennung der Geldquellen ist jedenfalls ein erster, wichtiger Indikator für die Transparenz eines Verfahrens. Lokaler Partner dieser Aktion in Österreich ist AustriaTech, deren Mission die Unterstützung des BMVIT bei den stattfindenden Transformations- und Veränderungsprozessen im Kontext Verkehr und Mobilität ist. Am Samstag 6. April 2019 fanden dazu ganztägig fünf Debatten in Österreich und eine Debatte in Deutschland statt.

Zum Auftakt der Veranstaltung betonte Thomas Madreiter, Planungsdirektor von Wien, dass er auch bei der automatisierten Mobilität keinen Schwerpunkt auf die Technik lege, sondern vielmehr auf die soziale Verträglichkeit. Madreiter versteht laut einem einige Jahre zurückliegenden Interview unter einer Smart City eine Stadt auf dem Weg in das postfossile Zeitalter. Daher gelte es, in allen städtischen Lebensbereichen einen sozialen Fokus einzunehmen und für die Umsetzung umweltschonende Technologien zu verwenden. Letztlich gehe er davon aus, dass in einer Smart City der Verkehr grundsätzlich so organisiert sei, dass privater Autobesitz nicht mehr notwendig ist. Angesichts der Dringlichkeit der Veränderungen (Stichwort: Klimakatastrophe, Hohe Umweltbelastungen durch Verkehr in den Städten) scheint mir allerdings, dass dieses sanfte Vorgehen zu lange dauern würde. Denn wer will eine über Jahrzehnte eingelernte Gewohnheit bzw. ein Privileg schon einfach aufgeben, weil die Erde und andere Mitmenschen darunter leiden?

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Teil 2 folgt!