IT-Vertragsrecht: 5 rechtliche Stolpersteine bei Scrum-Projekten

30. Juli 2020 Initiativen/Trends

Immer häufiger werden in der Praxis Softwareprojekte agil abgewickelt. Dabei gelangt oft die Projekt-Methode (bzw “Philosophie”) “Scrum” zum Einsatz. In diesem Artikel behandeln wir fünf rechtliche Stolpersteine bei Scrum-Projekten:

Einheitliche Begriffsdefinition

Damit sämtliche Akteure von einer einheitlichen Verständnisgrundlage ausgehen, bedarf es einer einheitlichen Definition der Begriffe (wie bspw):

  • Definition of Done
  • Product Backlog
  • Product Owner
  • Scrum Meeting
  • Sprint
  • Spring Backlog
  • Story Point
  • User Story

Der “agile” Festpreis

Festpreis und “Agilität” lassen sich auf den ersten Blick nur schwer verbinden. Trotzdem wünschen sich Auftraggeber oft eine (Kalkulations-)Sicherheit in Form eines “agilen Festpreises”. Der Schlüssel zu einem agilen Festpreis liegt in der exakten Planung des Aufwands. Dafür muss das gesamte Projekt zunächst in sog User Stories heruntergebrochen werden. Diese dann wiederum in Story Points. Ein Story Point entspricht dabei einer bestimmten Zeiteinheit, zum Beispiel: “Vier Stunden”. Basierend auf der Anzahl der Story Points kann dann der Gesamtaufwand geschätzt werden. Zudem sollte ein gewisser “Puffer” aufgeschlagen werden. Wenn der Auftraggeber eine Änderung vornehmen möchte (“Change Management”), muss dieser Aufwand an einer anderen Stelle eingespart werden (“Change for Free”).

Regeln zum Projektabbruch

Um den agilen Charakter aufrecht erhalten zu können, sollte die Möglichkeit gewahrt bleiben, kurzfristig personelle Veränderungen vornehmen zu können. Daher sind kurze Kündigungsfristen empfehlenswert. Zudem Bedarf es einer genauen Regelung, (i) welche Elemente (Quellcode, Skizzen etc) in (ii) welcher Qualität an den Auftraggeber übergeben werden müssen. Schließlich muss der neue Auftragnehmer in der Lage sein, das Projekt fortzuführen. Jedem Konflikt sollte freilich der Versuch einer Deeskalation vorangehen (“Konflikt-Management”).

Vorsicht: Arbeits- und Sozialrecht

Scrum basiert auf einer intensiven Zusammenarbeit. Aus diesem Grund sind agile Entwicklungsmethoden anfällig für Probleme im Zusammenhang mit einer “Scheinselbstständigkeit” oder Arbeitnehmerüberlassung. Daher sollte sowohl vertraglich, als auch faktisch darauf geachtet werden, dass der Auftraggeber kein Weisungsrecht über Mitarbeiter des Auftragnehmers hat.

Flexible Verträge

Agile Projekte benötigen agile Verträge. Dies bestätigte bereits das deutsche Landesgericht Wiesbaden: Dieses qualifizierte einen Vertrag als nicht fachgerecht, da dieser nicht die Maßgaben von Scrum berücksichtigte (LG Wiesbaden vom 30.11.2016 – 11 O 10/15). Der Vertragsverfasser muss sich daher genau mit dem Sachverhalt, den Hintergründen, den Zielen der Vertragsparteien und der Projekt-Methodik auseinandersetzen. Letztlich sollte der Vertrag die “Leitplanken” für ein gelungenes IT-Projekt bilden.

weitere Informationen